Nicht selten kommt es während der Trauungszeremonie zu Unsicherheiten, wenn es eigentlich darum geht, sich gegenseitig die Ringe anzustecken. Rechts oder links? Was auf den ersten Blick doch so leicht und selbstverständlich wirkt, ist nicht unbedingt so klar geregelt, wie man annehmen möchte. Hierzulande gibt es zwar die Tradition, dass der Ehering an der rechten Hand seinen Platz findet, doch damit stellt Deutschland eine Ausnahme dar, wenn man die Ringfrage im weltweiten Vergleich betrachtet. Eine direkte Vorschrift gibt es übrigens nicht, weshalb die Entscheidung auch letztlich sehr individuell gefällt werden kann. Trotzdem bleibt es im Regelfall bei der rechten Hand, denn dieser Brauch hat sich eingebürgert und wird eher nicht infrage gestellt. Warum die rechte Hand die richtige sein soll, ist relativ unklar, es gibt allerdings einige Theorien.
Eine Frage der Tradition
Generell lässt sich festhalten, dass in mediterranen Gefilden der Ehering an der linken Hand getragen wird – je weiter man sich allerdings in den Norden bewegt, umso verbreiteter ist wiederum die rechte Hand. In Deutschland und Österreich ist der rechte Ringfinger traditionell gesehen derjenige, an welchem der Ehering seinen Platz findet. Vollkommen anders sieht es beispielsweise in Amerika und auch den Niederlanden aus, wo die Trauringe an der linken Hand feste Tradition sind. Deutschland ist eine Ausnahme, denn statistisch gesehen ist es in den meisten Ländern eben doch die linke Hand, die den Ehering trägt. Dieser hat hierzulande aber auch eine wichtige Aufgabe. Die Frage „Willst Du mich heiraten“ stellt kein Mann einfach so, richtig geht das nur, wenn auch der Verlobungsring schon ausgesucht wurde. Sollte die Herzensdame die Frage so beantworten, wie es sein soll, ist es an dem Mann, den Verlobungsring über den linken Ringfinger zu streifen. Aus dieser Warte betrachtet, bleibt schlussendlich ohnehin nur die rechte Hand für den Ehering übrig, denn auch der Verlobungsring verbleibt dauerhaft am Finger.
Der Ringfinger ist der Herzfinger
Eigentlich weiß niemand abschließend, weshalb der Ehering an der rechten Seite getragen wird. Zu Zeiten der Römer herrschte der Glaube, dass die Vena Amoris, die Liebesader, ausschlaggebend für diese Entscheidung war. Diese Ader führt vom Ringfinger aus zum Herzen und stellt dementsprechend die unmittelbare Verbindung dar. Selbst heutzutage trägt der Ringfinger vielerorts auch noch den Namen Herzensfinger. Die Ägypter und Griechen waren ebenfalls der Meinung, dass die Liebesader durch den linken Ringfinger fließt. Anders sahen es jedoch die Germanen, die sich für eine vollkommen andere Interpretation entschieden und damit den rechten Ringfinger als Platz für den Ehering auserkoren haben. Der Grundgedanke ist jedoch identisch, es geht ausschließlich darum, dass die Eheringe an jenem Finger getragen werden, der sich so nah wie irgend möglich am Herzen befindet und eine direkte Verbindung darstellt.
Die religiöse Seite
Es gibt aber auch sehr viele Quellen und Schriften, die sich mit einer religiösen Hintergrundgeschichte beschäftigen, die es zweifelsohne auch gibt. Geistliche tragen bekanntermaßen einen Zeremonienring an der rechten Hand und symbolisieren damit ihre Verbundenheit zu Gott. Gläubige wollen das natürlich ebenfalls tun und entscheiden sich demnach auch für die rechte Seite. Überdies gilt die linke Hand im katholischen Glauben als unrein und steht auch noch in Verbindung mit dem Teufel. Kein guter Ort also, um einen symbolischen Liebesbeweis zu tragen, der innere Verbundenheit ausstrahlen soll. Daher wird der Ehering auch an die rechte Hand gesteckt, diese gilt als Recht schaffend und würdig, den Ring zu tragen.
Der Ehering als sichtbarer Indikator für den Familienstand
Es gibt auch eine Betrachtungsweise, die sämtliche Fakten außen vor lässt und sich eher auf das Offensichtliche stützt. Viele sind der Meinung, die rechte Hand habe sich vor allem deshalb durchgesetzt, weil der Ring damit sichtbarer ist. Mit einem Blick ist also ersichtlich, ob das Gegenüber verheiratet ist oder womöglich nicht gebunden und damit bereit für ein Gespräch. Allerdings ist sicherlich fraglich, ob die linke Hand sich dafür nicht ebenso anbieten würde, denn nicht alle Menschen sind Rechtshänder. Es bleibt also offen, ob dies wirklich der tatsächliche Grund ist – denkbar ist jedoch, dass sich viele darauf verlassen. Immerhin ist der Ehering ein Zeichen dafür, dass eine glückliche Ehe geführt wird, die nicht zerrüttet werden kann.
Der Ehering als Symbol der Liebe
Letzten Endes ist der Ehering das eindeutige Symbol einer Liebe, die ein Leben lang anhalten soll. Es spielt demnach kaum eine Rolle, an welchem Finger der Ring seinen Platz findet. Wichtiger ist schließlich, dass sich beide Partner einig sind, das restliche Leben miteinander zu verbringen und sich ewige Treue zu schwören. Wenn der Ring dann über den Finger gestreift wird, könnte dieser Moment keinesfalls romantischer oder inniger sein. Da spielt die Frage nach der richtigen Hand auch keine Rolle mehr.
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